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Der Baader Meinhof Komplex -- eine Filmkritik

Hast du oder deine Freunde den Film schon gesehen? Wie ist deine Meinung dazu? In meinem Bekanntenkreis stelle ich fest, dass es kein eindeutiges Meinungsbild gibt. Die von mir Befragten schwankten zwischen großartig und grottenschlecht. Mein Eindruck liegt auch im Bereich der letzten Wertung. Warum ist das so?

Die Regisseure bzw. Drehbuchautoren äußerten sich im Vorfeld, dass sie die Geschichte der RAF Leuten erzählen wollen, die diese noch nicht (so gut) kennen. In der Tat hält sich der Film peinlich genau an kleinste Details. Wer hat wann was zu wem gesagt? Welche Farbe hat der Blumenstrauß von Susanne Albrecht bei der Ermordung von Jürgen Ponto? Wann flog welche Kugel in welche Ecke? Bei dieser Detailtreue geht der Blick auf das aus meiner Sicht Wesentliche verloren. Nämlich die handelnden Personen, die geschichtlichen Umstände etc. Grundsätzlich versäumen die Macher die Personen überhaupt einzuführen. Ich sass längere Zeit im Film und überlegte, wer die Person ist und wer jene ist. Beispielsweise wurde mir erst gegen Ende des Films klar, wer Christian Klar ist. Zentrale Figuren wie Horst Herold oder auch Jan-Carl Raspe wurden nach meiner Erinnerung nie vorgestellt. Wie soll da ein Unkundiger überhaupt durchsehen oder Einblick in die Geschichte gewinnen können? In den historischen Originaldokumenten bzw. -fernsehaufnahmen wurde mit dem Untertitel “Mexico 1968” ein Ausschnitt vom Massaker von Tlatelolco gezeigt (wie auch von anderen Ereignissen). Jedoch gab es keinen Hinweis, was das für Revolten waren und wie diese einzuordnen sind.

Im Film selbst reiht sich Gewaltszene an Gewaltszene. Diese sind spektakulär in Szene gesetzt. Aber vermitteln nichts oder wenig vom eigentlichen Anliegen der Protagonisten. Überspitzt formuliert kann ich sagen, dass die Dialoge letztlich nur als Kitt für diverse Anschläge, Morde etc. dienen. Was fehlt ist ein Bild der Personen. Ulrike Meinhof wird da noch vergleichsweise gut gespielt. Gudrun Ensslin hingegen wirkt auf mich völlig lieblos gespielt. Bis auf die Szenen in Stammhein am Ende des Filmes. Hier hätte ich mir wesentlich mehr erhofft. Dafür hätte man auf das eine oder andere Attentat in seiner realistischen Darstellung ruhig verzichten können.

Insgesamt scheint mir auch die Zeit, die sich die Filmemacher für die zehn Jahre genommen haben, als viel zu kurz. Jetzt werden sicher einige stöhnen, dass sie nicht drei oder vier Stunden im Kino sitzen wollen. Aus meiner Sicht wäre man besser beraten gewesen, den Film auf zwei oder besser sogar drei Teile aufzudröseln. Dann wäre für ordentliche Einführung, bessere Psychogramme etc. wohl mehr Zeit gewesen.

Wer also auf Action steht, wird mit dem Film sicher gut bedient sein. Wer allerdings etwas Aufklärung und Wissenserweiterung erwartet, der sollte lieber die 150 Minuten anders investieren.

Die Filmkritik der Wirtschaftswoche drückt im wesentlichen auch meine Meinung zum Film aus.

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